Unverhofft kommt Freitags

Freitag ist ein toller Tag, er leitet das Wochenende ein und man verspürt schon die Vorfreude auf die bevorstehenden freien Tage. Als fauler Physio habe ich jeden zweiten Freitag im Monat frei, so auch heute. Doch weit gefehlt, wenn der Leser dieses Beitrags nun denkt, dass ich mir an diesen Tagen einen faulen Lenz mache, bis in die Puppen schlafe und auch sonst nichts auf die Reihe kriege. Freitag ist mein „Getting things done-Tag“, mein „Alles-zu-dem-man-sonst-nicht-kommt-wird-erledigt-Tag“.

So auch heute, ich stand bereits um halb acht auf und meine erste Amtshandlung war das Fitnessstudio. Danach die Hausarbeit, meine bessere Hälfte während seiner Mittagspause treffen und danach alles für den bevorstehenden Wochenendausflug erledigen. D. h. einkaufen, den Wassertank des Wohnmobils füllen usw… Ich ahnte noch nicht, dass dieser Freitag besonders werden sollte.

Alles fing damit an, dass ich, nachdem ich mit meiner besseren Hälfte zu Mittag gegessen hatte, die U-Bahn nach Hause nahm. Mein Kopf war mit der imaginären To-Do-Liste beschäftigt, die ich im Geiste abhakte. Ich bemerkte aus dem Augenwinkel, dass mich jemand ansah und blickte in die Richtung dieser Person. Es war eine Frau, ich schätze sie um die 50 Jahre und ich wusste, dass ich sie schon mal irgendwo gesehen hatte. Sie lächelte breit, sprang sogleich von ihrem Sitz auf und kam auf mich zu.

„Wir haben uns letzte Woche in der U-Bahn unterhalten, als Sie gerade Ihre neue Kaffeemaschine gekauft hatten.“, sprach sie mich an.

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das war die nette Frau von neulich, die mich beobachtete, wie ich im Stechschritt das große, schwere Paket die Treppen nach unten zur U-Bahn wuchtete und mich dann, erschöpft von der Last, auf den Sitz gegenüber von ihr niederließ.

„Ja, ich erinnere mich. Die Kaffeemaschine habe ich heil heimgebracht. Sie funktioniert bestens!“, entgegnete ich

„Ich hab Sie gestern zufällig nochmal gesehen!“, sagte Sie. „Sie hatten so ein hübsches, grünes Kleid an, aber ich konnte zuerst nicht zuordnen, wer sie sind. Als ich Sie jetzt gesehen habe, fiel es mir wieder ein. Sie haben so eine frische und fröhliche Ausstrahlung.“

„Vielen Dank…“ stotterte ich, ein wenig verdutzt ein solches Kompliment zu bekommen.

Meine Haltestelle kam und ich verabschiedete mich von der netten Frau. Na, sowas passiert einem auch nicht alle Tage, dachte ich mir und ging mit einem Lächeln zum Einkaufen.

Schwer bepackt verließ ich kurze Zeit später wieder den Laden und fuhr eine weitere Station mit der U-Bahn nach Hause. Ich war gerade wieder an der Oberfläche angekommen, als ich eine Männerstimme hinter mir hörte: „Entschuldigung?“

Ich drehte mich um. Ein junger Kerl, anfang 20, grinste mich breit an und kam auf mich zu. Mein erster Gedanke war „Oh Gott, habe ich etwas verloren? Vielleicht ist mir was aus den übervollen Einkaufstaschen gefallen.“

„Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen blöd…“, sagte er. „Aber ich find‘ Deine Füße sehr schön.“

„Meine Füße?“, wiederholte ich verdutzt, mit ein wenig Sarkasmus in der Stimme.

„Ja, die haben eine tolle Form und sind echt schön anzusehen.“

Ich sah ungläubig auf meine für mich so stinknormalen Füße herab. Sie steckten in Flip Flops und ich war froh, dass ich noch vor zwei Tagen meine Fußnägel geschnitten hatte.

„Danke… das ist etwas, was man nicht alle Tage hört.“, entgegnete ich, innerlich erfreut über dieses Kompliment.

Der junge Mann fragte mich sogleich was ich heute noch vor hätte. Ich ahnte worauf das hinausführen würde und versuchte ausweichend, aber freundlich zu antworten. Nach so einem netten Kompliment wollte ich ihn nicht einfach vor den Kopf stoßen.

„Zunächst muss ich diese schweren Einkaufstaschen heimtragen. Dann ist meine Arbeit für heute erledigt.“

Er bemerkte meinen Ring an der linken Hand. „Ist das ein Ehering?“, fragte er.

Ich lüge nur äußerst ungern, aber in so einer Situation ist es manchmal besser, die Wahrheit zu verschweigen. Dadurch erspart man sich umständliches Ablehnen von Angeboten und die Umstände sind von Anfang an geklärt.

„In der Tat, ich bin verheiratet.“, flunkerte ich.

„Das dachte ich mir“, sagte er, meiner Meinung nach sogar ein wenig geknickt. „Macht es Dir etwas aus, wenn ich Dich ein Stück begleite und Dir vielleicht die schweren Taschen abnehme? Einfach nur wegen Dir und Deiner Füße.“

Da konnte ich nicht Nein sagen. Vor allen Dingen, weil ich mir im Fitnessstudio etwas den Hals verzogen habe (ja, auch einem Physio passiert so etwas) und meine Schulter tatsächlich vom Tragen wehtat. So begleitete er mich ein paar Meter, trug meine Einkaufstaschen, bis wir an einem Supermarkt vorbeikamen, in den er sich verabschiedete. Von dort hatte ich es nicht mehr weit bis nach Hause und die Geschehnisse der letzten halben Stunde beflügelten mich so sehr, dass ich den restlichen Weg mich Leichtigkeit zurücklegte. So kann der Wochenendausflug kommen.

Füße

Die ach so schönen Füße auf dem Weg ins Wochenende

Viele Komplimente und immer saubere Füße, wenn ihr es braucht, wünscht euch euer

Zaunfink Signatur detailliert2

 

 

 

Entspannung am Arbeitsplatz

Nächster Halt Entspannung

Die U-Bahn Haltestelle „Hauptbahnhof“ in München

Die Durchsagen der U-Bahn werden, zumindest in den alten Zügen, immer noch vom Fahrer selber gesprochen. Das Standardrepertoire sieht in etwa so aus:

  1. Nennen der U-Bahn-Linie und Fahrtrichtung bzw. Endstation.
  2. kurze Sprechpause. In dieser Zeit steigen die Leute ein.
  3. Aufforderung, vom Zug wegzubleiben, da dieser gleich die Türen schließt.

Normalerweise sind U-Bahn-Fahrer nicht gerade entspannte Typen. Das dürfen sie auch nicht sein, immerhin haben sie einem straffen Zeitplan hinterherzufahren. Außerdem sind viele Stationen des Münchner Untergrunds heillos überlaufen. Allen voran die Haltestellen „Hauptbahnhof“, „Sendlinger Tor“ und „Marienplatz“. Umso schöner ist es, wenn man dann mal einen Zugführer erwischt, der die ganze Sache etwas entspannter angeht.

Ich kam mit der Linie U1 am Hauptbahnhof an. Wie immer stand ich im Zug (Ich bin kein U-Bahn-Sitzer, Temperaturen im Zug, körperliche Nähe zu anderen Fahrgästen ohne Ausweichen zu können und sitzen auf Polstern, von denen man gar nicht wissen möchte, wer vor einem schon da saß, machen mich zu einem leidenschaftlichen U-Bahn-Steher.) und wie immer beobachtete ich die Leute, die da draußen am Bahnsteig oder im Zug umher wuselten. Es lohnt sich übrigens, das kann ich immer nur wieder feststellen. Ich sollte mal ein Best Of U-Bahn-Fahrgäste machen und die kuriosesten Typen hier beschreiben. Der Zug öffnete die Türen und die Fahrgäste versuchten, wie immer, gleichzeitig raus aus der Bahn und in die Bahn hineinzukommen.

Überall, wo es öffentlichen Nahverkehr gibt, existiert eine Regel: Erst aussteigen lassen, dann einsteigen. Es scheint, als ob diese Regel überall wunderbar funktioniere. Nur in München nicht. Dort wirt man fast an jeder Haltestelle Zeuge von Auseinandersetzungen, die von leichten Gerangel bis hin zur blutigen Schlägerei variieren, da es den aussteigenden Personen durch hineindrängende Fahrgäste nicht möglich ist, aus dem Zug zu kommen. Das ist aber ein andere Thema und sprengt den Rahmen dieses Beitrags, würde ich es weiter ausführen.

Es ertönte ein Durchsage des U-Bahn-Fahrers, dem das Gedrängel nicht entgangen war.

„So an Streß habts eas allaweil…“
zu preussisch: „Welch ein Zeitdruck euch zu jeder Zeit plagt.“

Ein paar Leute fingen an zu schmunzeln. Am chaotischen Ein- und Aussteigen änderten die Worte des Fahrers nichts.

„Jetzad probier mas a moi in aller Ruh‘, dass mer zerst de Leit aussteig’n lost und nachherd dann zuasteig’n.“
(Jetzt versuchen wir es mal in aller Ruhe. Zuerst die Fahrgäste aussteigen lassen bevor man zusteigt.)

Das kollektive „Wir“, da war es. Und es verfehlte seine Wirkung nicht. Die ersten zusteigenden Fahrgäste rückten tatsächlich zur Seite, die nachfolgenden reihten sich brav hinten an und bildeten so ein Spalier für die aus dem Zug aussteigenden Leute.

„Jetzad hamma’s. Setzts eich erst a moi schee hin, irgendwo is bestimmt no a Platzal.“
(„Jetzt haben wir es gemeistert. Macht es euch zuerst auf einem der Sitze gemütlich, es findet sich bestimmt ein freier Sitzplatz.“)

„Und dann deans eana schee entspanna…“
(„Und dann schön entspannen.“)

Nun schmunzelte der ganze Zug, die beruhigenden Worte des Fahrers wirkten.

„Der näxte Hoit ist unsa wunderscheens Sendlinger Doa. Dort kennts eas umsteign, zua U3 und U6 oda ea steigts aus und geht’s z’Fuaß.
(„Der nächste Halt ist unser wunderschönes Sendliger Tor. Dort besteht die Möglichkeit des Umsteigens in die Linie U3 und U6 oder man verlässt die U-Bahn und bewegt sich per pedes fort.“)

Es ist wirklich schön, einmal einen so entspannten U-Bahn Fahrer zu erleben. Für mich war er definitiv mein Alltags-Held des Tages und ich bin mir sicher, dass er nicht nur meine Stimmung gehoben hat.

Stellt sich mir nur die Frage, ob ich vielleicht auch mal so freundlich zu meinen Patienten sein sollte…?!

Einen schönen Sonntag mit viel Entspannung wünscht der