Entspannung am Arbeitsplatz

Nächster Halt Entspannung

Die U-Bahn Haltestelle „Hauptbahnhof“ in München

Die Durchsagen der U-Bahn werden, zumindest in den alten Zügen, immer noch vom Fahrer selber gesprochen. Das Standardrepertoire sieht in etwa so aus:

  1. Nennen der U-Bahn-Linie und Fahrtrichtung bzw. Endstation.
  2. kurze Sprechpause. In dieser Zeit steigen die Leute ein.
  3. Aufforderung, vom Zug wegzubleiben, da dieser gleich die Türen schließt.

Normalerweise sind U-Bahn-Fahrer nicht gerade entspannte Typen. Das dürfen sie auch nicht sein, immerhin haben sie einem straffen Zeitplan hinterherzufahren. Außerdem sind viele Stationen des Münchner Untergrunds heillos überlaufen. Allen voran die Haltestellen „Hauptbahnhof“, „Sendlinger Tor“ und „Marienplatz“. Umso schöner ist es, wenn man dann mal einen Zugführer erwischt, der die ganze Sache etwas entspannter angeht.

Ich kam mit der Linie U1 am Hauptbahnhof an. Wie immer stand ich im Zug (Ich bin kein U-Bahn-Sitzer, Temperaturen im Zug, körperliche Nähe zu anderen Fahrgästen ohne Ausweichen zu können und sitzen auf Polstern, von denen man gar nicht wissen möchte, wer vor einem schon da saß, machen mich zu einem leidenschaftlichen U-Bahn-Steher.) und wie immer beobachtete ich die Leute, die da draußen am Bahnsteig oder im Zug umher wuselten. Es lohnt sich übrigens, das kann ich immer nur wieder feststellen. Ich sollte mal ein Best Of U-Bahn-Fahrgäste machen und die kuriosesten Typen hier beschreiben. Der Zug öffnete die Türen und die Fahrgäste versuchten, wie immer, gleichzeitig raus aus der Bahn und in die Bahn hineinzukommen.

Überall, wo es öffentlichen Nahverkehr gibt, existiert eine Regel: Erst aussteigen lassen, dann einsteigen. Es scheint, als ob diese Regel überall wunderbar funktioniere. Nur in München nicht. Dort wirt man fast an jeder Haltestelle Zeuge von Auseinandersetzungen, die von leichten Gerangel bis hin zur blutigen Schlägerei variieren, da es den aussteigenden Personen durch hineindrängende Fahrgäste nicht möglich ist, aus dem Zug zu kommen. Das ist aber ein andere Thema und sprengt den Rahmen dieses Beitrags, würde ich es weiter ausführen.

Es ertönte ein Durchsage des U-Bahn-Fahrers, dem das Gedrängel nicht entgangen war.

„So an Streß habts eas allaweil…“
zu preussisch: „Welch ein Zeitdruck euch zu jeder Zeit plagt.“

Ein paar Leute fingen an zu schmunzeln. Am chaotischen Ein- und Aussteigen änderten die Worte des Fahrers nichts.

„Jetzad probier mas a moi in aller Ruh‘, dass mer zerst de Leit aussteig’n lost und nachherd dann zuasteig’n.“
(Jetzt versuchen wir es mal in aller Ruhe. Zuerst die Fahrgäste aussteigen lassen bevor man zusteigt.)

Das kollektive „Wir“, da war es. Und es verfehlte seine Wirkung nicht. Die ersten zusteigenden Fahrgäste rückten tatsächlich zur Seite, die nachfolgenden reihten sich brav hinten an und bildeten so ein Spalier für die aus dem Zug aussteigenden Leute.

„Jetzad hamma’s. Setzts eich erst a moi schee hin, irgendwo is bestimmt no a Platzal.“
(„Jetzt haben wir es gemeistert. Macht es euch zuerst auf einem der Sitze gemütlich, es findet sich bestimmt ein freier Sitzplatz.“)

„Und dann deans eana schee entspanna…“
(„Und dann schön entspannen.“)

Nun schmunzelte der ganze Zug, die beruhigenden Worte des Fahrers wirkten.

„Der näxte Hoit ist unsa wunderscheens Sendlinger Doa. Dort kennts eas umsteign, zua U3 und U6 oda ea steigts aus und geht’s z’Fuaß.
(„Der nächste Halt ist unser wunderschönes Sendliger Tor. Dort besteht die Möglichkeit des Umsteigens in die Linie U3 und U6 oder man verlässt die U-Bahn und bewegt sich per pedes fort.“)

Es ist wirklich schön, einmal einen so entspannten U-Bahn Fahrer zu erleben. Für mich war er definitiv mein Alltags-Held des Tages und ich bin mir sicher, dass er nicht nur meine Stimmung gehoben hat.

Stellt sich mir nur die Frage, ob ich vielleicht auch mal so freundlich zu meinen Patienten sein sollte…?!

Einen schönen Sonntag mit viel Entspannung wünscht der